Checkliste: Wie funktioniert ein Antrag nach dem TSG?
1. Formlosen Antrag beim Amtsgericht stellen
Dieser enthält die Vornamen und den Geschlechtseintrag, welche die antragstellende Person in Zukunft führen will. Außerdem können Vorschläge für fachkundige und trans*sensible Gutachter*innen für den weiteren Verlauf gemacht werden. Sofern die antragstellende Person die anfallenden Kosten für Gericht und Gutachten nicht tragen kann, ist es sinnvoll schon zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu stellen.
Ein Beispiel dafür, wie so ein Antrag aussehen kann, finden Sie z. B. in der Rubrik Formulare im Queerlexikon.
Auch Minderjährige können einen Antrag nach dem TSG stellen. Sie gelten aber bis auf wenige Ausnahmen als prozessunfähig. Daher müssen sie für ein Gerichtsverfahren entweder die Genehmigung der sorgeberechtigten Person(en) vorweisen oder eine gesetzliche Vertretung in Anspruch nehmen. Eine solche Genehmigung kann z.B. in Form einer durch die sorgeberechtigten Personen unterschriebenen Erklärung nachgewiesen werden.
Das Amtsgericht meldet sich daraufhin schriftlich zurück und nennt die Gutachter*innen, die für den Prozess beauftragt wurden (meist werden die im Antrag gewünschten Sachverständigen bestätigt). An dieser Stelle muss ein Vorschuss für die Gutachten gezahlt werden.
2. Gutachten einholen
Dem Antrag darf nur stattgegeben werden, nachdem die trans* bzw. nichtbinäre Person zwei Gutachten eingeholt hat10. Ein Gutachten entsteht aus jeweils (mindestens) einem Gespräch mit den durch das Amtsgericht bestimmten Sachverständigen. Mit Verweis auf den Antrag und die Rückmeldung des Amtsgerichts, kann der*die Antragssteller*in Termine für die Gutachten vereinbaren.
Anmerkung:
In dem meisten Fällen fallen die Gutachten positiv, also zu Gunsten der antragsstellenden Person, aus. Trotzdem ist dieser Prozess für viele trans* und nichtbinäre Personen belastend. Er dauert mitunter mehrere Monate und wird von vielen Betroffenen als sehr entwürdigend empfunden, unter anderem da er ein selbstbestimmtes vorgehen verunmöglicht und die Expertise über das eigene Geschlecht nicht anerkennt.
Nicht selten müssen trans* und nichtbinäre Menschen sich mit Gutachter*innen auseinandersetzen, die wenig bis gar nicht für trans* und queere Themen sensibilisiert sind. Ihnen werden dann z.B. übergriffige Fragen gestellt, oder die Gutachter*innen orientieren sich bei ihren Einschätzungen an Stereotypen über "männliches" und "weibliches" Verhalten.
Für den möglichst positiven Verlauf des Verfahrens kann die Auswahl der Gutachter*innen also eine entscheidende Rolle spielen. Hier können Sie wertvolle Mithilfe leisten; Recherchieren Sie bei Beratungsstellen und Initiativen in Ihrer Umgebung nach Empfehlungen für Gutachter*innen.
Nicht nur bei der Suche nach geeigneten Gutachter*innen können Sie behilflich sein. Signalisieren Sie ihrem Kind, oder Jugendlichen, dass sie da sind. Hören Sie zu, wenn sich der junge Mensch an Sie wendet und nehmen Sie die ggf. berichteten Ängste und Diskriminierungserfahrungen ernst. Auch die Freude über den positiven Ausgang eines Gutachtens kann gefeiert werden. Überlegen Sie ggf. gemeinsam wie Sie den Prozess möglichst angenehm gestalten können.
3. Gerichtliche Verhandlung des Antrags
Nach Erstellung der Gutachten hört das zuständige Gericht die antragstellende Person persönlich an. Danach wird über den Antrag entschieden. Bei Ablehnung kann Widerspruch eingelegt oder ein neuer Antrag gestellt werden.
Bei Minderjährigen Antragssteller*innen müssen hier auch die sorgeberechtigten Personen, oder die gesetzliche Vertretung anwesend sein.
4. Änderung bzw. Anpassung der (amtlichen) Dokumente
Mit dem erfolgreichen Ausgang des Verfahrens werden die im Antrag genannten Vornamen und der Geschlechtseintrag rechtskräftig. Von diesem Zeitpunkt an kann durchgesetzt werden, dass die genannten Angaben überall verwendet werden, ob in der Schule, im Ausbildungsbetrieb oder in offiziellen Briefen von Behörden. Dies gilt auch für Bank- oder Krankenkassenkarten.
Darüber hinaus ist auch eine nachträgliche Änderung von wichtigen Dokumenten, wie beispielsweise alten Schulzeugnissen, Mitgliedsausweisen oder Verträgen, möglich.
Amtliche Dokumente wie Personalausweis oder Reisepass können nun ebenfalls geändert bzw. angepasst werden.
Fragen Sie die junge trans* oder nichtbinäre Person, ob Sie bei der Beantragung und Organisation der Namens- und Personenstandänderung behilflich sein können. Beispielsweise könnten Sie Tipps für die Formulierung von Anschreiben geben.
Eine Liste mit Dokumenten die nach der (Namens- und) Personenstandsänderung geändert werden können hat z.B. der Trans-Kinder-Netz e.V. zusammengestellt. Sie finden das Dokument hier.